Wenn Dein Zuhause nicht an einen festen Ort gebunden ist sondern rollt, kann jeder Platz, auf dem Du lange parkst zu einer Art Zuhause werden. Zumindest uns geht das so. Natürlich ist der Ort wo man herkommt ein Zuhause. Wenn man mit dem LKW um die letzten, wohl bekannten Kurven biegt, freut man sich auf die Liebsten und den Käsekuchen von Muttern.
Mit der Schrauberkommune, die uns beim Motorschaden am Steyr damals den Arsch gerettet hat, geht es uns genauso. Erreichen wir die kleine Straße zu dem gelben Häuschen und den bewohnten LKW’s in dessen Vorgarten, sagt uns das wohlige Gefühl im Bauch unmissverständlich: Du liebst es einfach hier zu sein!
Sollte uns unser Weg diesen Winter wieder nach Marokko führen, wird es mir mit dem ausgetrockneten Flussbett vor Foum Zguid bestimmt ähnlich ergehen. Nicht, dass ich ein ausgetrocknetes Flussbett mit Familie oder Freunden vergleichen möchte *lach*. Aber in den fünf Wochen die wir dort verbrachten, ist uns die kleine Geröllinsel mit einer dürren Akazie darauf echt ans Herz gewachsen. Im Laufe der Zeit hatte man genau herausgefunden, wo die umgebenden Weichsandfelder am tiefsten sind. Und wo man folglich die Kompression auf den neuen Kolbenringen richtig nutzen musste.

Wir denken gerne an die Episode, als uns die Besatzung eines MB 508 versuchte Gesellschaft zu leisten. Von Weitem beobachteten wir die zahlreichen Anläufe durch den Zoom unserer Kamera, um besser sehen zu können. Nach zwei Stündchen hatte der Düdo in der Ferne unser Inselchen im Halbkreis umrundet. Geschätztes Herankommen: Null Meter.
Ganz ehrlich: Wir haben die Weichsandfelder um uns gefeiert. Uns stand ganz und gar nicht der Sinn danach, diese Idylle mit irgend jemandem zu teilen. Gut … wäre es der Düdo aus der Schrauberkommune gewesen, wären wir wohl mit der Schaufel entgegen gelatscht.
Mit seinem kleinen Markt am Mittwoch und den immer netten, nie aufdringlichen Einwohnern, habe ich mich in Foum Zguid so wohl gefühlt. dass ich mir hätte vorstellen können, länger dort zu bleiben. Ich freu mich wahnsinnig auf die einsame, kleine Akazie und den lebhaften Markt im Ort.
Zurück in Hasloch
Eine Art Heimatgefühl stellt sich auch ein, als wir nach 14 Tagen Freunde- und Familien-Abschiedstour noch einmal das Werkstattgelände von 4wheel24 ansteuern. Eigentlich kein Wunder nach 1,5 Jahren, die wir dort verbrachten. Allerdings schreiben wir das weniger der (ungeplant langen) Zeit zu, als ein paar lieben Menschen, die wir dort ins Herz geschlossen haben. So manche Abende haben wir hier ohne jeden Anlass gefeiert – einfach wunderbar!

Trotzdem soll es diesmal eine Stippvisite werden. Ganz schnell noch letzte Anbauteile am LKW verschrauben und ab durch die Mitte. Das Fernweh ruft.
Aufbruch mit Schockmoment
Am Sonntag, den 22.09.2019 ist es so weit. Herman 3 setzt zu seiner ersten, großen Reise an.
Station Nummer Eins: Die Tanke, 3 km weiter. Was wir auf dem Weg dorthin noch nicht wissen: Um ein Haar wäre das für heute auch bereits unsere letzte Station gewesen.
Als die Karre nach dem Tanken nicht mehr anspringen will, fühlen wir uns verflucht. Soll es denn einfach nicht sein, dass wir unterwegs sind? Mögen 6 gebrochene Kolbenringe am Starttag nach Marokko oder ein Achsbruch, kaum dass wir nach langer Reparaturphase ein neues Land erreichen, kein Zufall gewesen sein?
Innerhalb von zwei Minuten finden wir heraus, dass ein beherzter Schlag aufs Batterietrennrelais das Problem erst einmal behebt. Der Anlasser bekommt Saft und der Motor startet. Doch erklärt das auch, warum offenbar nicht genug Kraftstoff fließt? Das Schauglas der kleinen Handpumpe sollte schließlich voll sein. Aktueller Zustand: Halb leer.
Die Betrachtungsweise des Glases mit „halb leer“ statt „halb voll“, beschreibt meinen Gemütszustand treffend. Und obwohl ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, bleibt Micha mein betrübter Blick natürlich nicht verborgen. „Sollen wir zurück zur Werkstatt fahren?“ Der Satz und die Vorstellung, nun nochmal in die Werkstatt zu fahren und irgendwelche Sachen zu schrauben, reist mich schlagartig aus meiner beginnenden Resignation. „Auf gar keinen Fall!“
Die Karre läuft erst mal und die Spritzufuhr macht bei laufendem Motor offenbar keine Probleme. „Er fährt doch, oder!?! Wenn er nicht mehr fährt, können wir unterwegs immer noch den Fehler suchen!“
Gesagt, getan. Drei Kilometer weiter, setzten wir an der Einfahrt zum Werkstattgelände erstmals nicht den Blinker.
Neue Features am Reisemobil
Beim Starten haben wir nun eine einmalige Wegfahrsperre. Diesen Laster klaut keiner, das steht fest. Während einer den Zündschlüssel dreht, klopft der andere gegen‘s Trennrelais. Zusätzlich ist das Schauglas der Dieselhandpumpe im Auge zu behalten. Einmal vorab pumpen, damit das Gläschen voll ist, verbessert das Startverhalten. Bei verzögertem Anspringen des Motors: Nachpumpen. Eigentlich total einfach.
Auch mit dieser Diebstahlsicherung, die sich überraschender Weise bei der Abfahrt selbst installiert hat: Es macht uns einfach glücklich, jetzt Richtung neue Abenteuer unterwegs zu sein. Und nicht zuletzt – zu dem geliebten Zustand, dass auf Reisen kein Tag wie der andere ist und immer wieder neue Überraschungen auf einen warten, gehören Überraschungen am Fahrzeug ganz klar dazu. Gerade auf den ersten 10.000 km. Das Fahrzeug ist immerhin nicht neu. Es ist 30 Jahre alt, auch wenn es erst gut 20.000 km gelaufen hat. Dazu hat man viele Dinge um-, ab-, dran und damit vielleicht auch ein paar eigene Fehler mit eingebaut.

Sorgen machen wir uns nicht. Wir haben definitiv schon größere Reparaturen unterwegs erledigt. Etwas Schlimmes kann es nicht sein: Ein Wackelkontakt, den wir gerade nicht gewillt sind zu beheben und eine Kleinigkeit im Kraftstoffsystem. Wahrscheinlich ist es die kleine Pumpe, die langsam ihren Dienst quittiert.
Dieser Umstand ist uns relativ egal. Sie auszutauschen ist eine halbe Stunde Arbeit. Und Tobias, der Chef unserer Heimatwerkstatt wäre nicht Tobias, wenn er sowas nicht im Urin gehabt hätte. Er hat uns bereits zuvor eine neue Pumpe in die Ersatzteilkiste gepackt. Inzwischen glauben wir, dass Tobi hellseherische Fähigkeiten haben muss. Wir erinnern uns nur all zu gut an unsere Tour nach Tunesien. Beim Packen Zuhause, fing er plötzlich negative Vibes der Unterdruckpume eines der Fahrzeuge auf. Einen konkreten Anlass konnte man dafür nicht festmachen.
Ungeachtet des daraufhin mitgeführten Ersatzteils, reparierte er die unterwegs kaputt gegangene Pumpe jedoch einfach mit einem Griff in die Wundermittelkiste. Flüssigmetall erwies sich als perfekte Lösung. Eben genau, wie Tobi es erwartet hatte.
Ich frage mich oft, wie viele Pannen wir noch reparieren müssen, um diesen geilen Erfahrungsschatz zu kriegen …

Wir tuckern inzwischen durch München und haben das mit der Wegfahrsperre bei einigen Stopps ausgiebig getestet. Vielleicht schreiben wir Tobi mal eine Nachricht. Hören, ob sich ein Defekt der Kraftstoffpumpe gewöhnlich auf die Art ankündigt.
Ein guter Platz zum Sterben
Gegen Abend wird uns die Entscheidung mit der Nachricht abgenommen. Wir suchen einen guten Platz, um uns mit Martin von Tigerexped* zu treffen. Nach seinem Besuch bei uns zum Strommodule entwickeln, haben wir den Rest der Elektrik alleine eingebaut. Wir können gut verstehen, dass er, angesichts unseres Talents mit Strom, da gerne nochmal einen Blick drauf werfen würde.
Unser Trennrelais befindet die stark befahrene Straße in Sichtweite eines Parkdauer Begrenzungsschildes wohl als guten Platz zum sterben. Als wir den Motor abstellen, merken wir sofort, dass er diesmal nicht mehr anspringen wird. Der Schlüssel lässt sich nicht abziehen, was bedeutet, das Relais ist fest.
Alles kein Thema, aber muss es zur Fehlerbehebung jetzt unbedingt regnen und die Klappe mit den Batterien in den fließenden Verkehr hinein zu öffnen sein!?!
Wir sind minimal genervt, doch ändern kann man‘s ja nicht. Und wenn man vom Regen und dem suboptimalen Standort für eine Reparatur mal absieht – Die Einlage hatte auch ihre tollen Seiten.
Erstens: Von der Minute, in der Martin erfährt, dass wir stehen, dauert es keine viertel Stunde und er ist vor Ort. Im Gepäck: Der Werkzeugkasten im Tigerbus. Und das, obwohl es an dem Tag für ihn eigentlich zeitlich gar nicht mehr passte (Notiz an mich selbst: Wenn man sich verabredet, sollte man zumindest festlegen, ob man morgens oder abends erwartet wird!).
Zweitens: Wenige Minuten nach der Info an Tobi, erhielten wir einen Anruf des Werkstatt Chefelektrikers. Zu bemerken ist, dass dieser an dem Tag nicht mal auf der Arbeit war!
Wow!!! Was soll einem mit so geilen Leuten und so einer wahnsinns Unterstützung schon passieren? Richtig dickes, fettes DANKESCHÖN an jeden von Euch, ihr seid der Hammer!!!

Im Endeffekt hatte unsere kleine Misere den technischen Schwierigkeitsgrad von Legosteck.
Das Trennrelais wollten wir schon lange abgebaut haben. Für die jetzige Verwendung des Fahrzeuges ist es völlig überflüssig. Durch gegebene Umstände haben wir es beim Umbau des Batteriekastens aber einfach nur verlegt. Zur Reparatur war somit eigentlich nichts weiter zu tun, als den Strom an ihm vorbeizuführen. Der Schaden an sich, kam durch einen selbst eingebauten Wackelkontakt aufgrund Sparsamkeit zustande (Notiz an uns beide: Korrosions- und schmutzfreie Schrauben beim Umbau von Bauteilen verwenden. Neu kann nicht schaden).
Praktischer Weise behob sich hiermit gleichzeitig das Problem der Kraftstoffversorgung. Mehr Power auf dem Anlasser, heißt eben auch mehr Wumms auf dem angeworfenen Motor. Und die Kraftstoffpumpe wird zwar nicht mit Strom betrieben, aber mit der Kraft des Motors. Ahhhh! So wird ein Schuh da draus.
Busbastler Basecamp
Sicher sagen ob das zeitlich hinkommt, konnten wir vorab nicht. Gerade mit unserer neumodischen Wegfahrsperre, hätte es im Vorfeld die ein oder andere, kleine Verzögerung geben können. Doch die Reparatur in München war ja ein Klacks und so trudeln wir am Dienstag, den 24.09. unangemeldet bei den Aufbauarbeiten zum Busbastler Basecamp ein.
Wir freuen uns wahnsinnig über die liebe Begrüßung, als wir mit laut dröhnendem Feuerwehrhörnern auf‘s Gelände tuckern. Und da ist auch mein Patenkind Günther!!! Den schönsten VW LT von allen habe ich nicht mehr gesehen, seit ich ihn vor über einem Jahr auf dem Freiheitsmobile Treffen taufen durfte.

Unter Zuführung einer Flasche Berliner Luft werden wir sogar noch produktiv. Wir sind an diesem Abend die ersten Interview Gäste des brandneuen Busbastler Podcast.
Hier kannst Du Dir die feucht-fröhliche Folge (Nr. 003) anhören
Und auch hier nochmal: Danke für einen vorerst letzten, sehr geilen Abend in Deutschland unter Freunden, an alle, die dabei waren!
Über Samnaun nach Livorno
Der Plan war gut, aber nicht überragend. Um günstig zu tanken nehmen wir den Umweg nach Samnaun in der Schweiz. Bei 600 Litern macht ein Unterschied von 40 – 50 Cent eben ganz schön was aus.
Sprit und andere, typische Duty Free Produkte gibt‘s dort zollfrei, das wollen wir nutzen. Hätten wir geahnt was für eine Fahrerei das werden würde … naja. Bei einer Ersparnis von 200,- Euro wollen wir uns mal nicht beklagen.
Inzwischen haben wir erfahren, dass es nur wenig weiter, fast auf unserer Strecke, ein weiteres Zollfreigebiet auf Italienischer Seite gibt. Der Diesel noch günstiger und die Anfahrt ohne gefühlte 2000 Höhenmeter … naja. Bei einer Ersparnis von 200,- Euro wollen wir uns mal nicht beklagen.

Mit Timing auf die Fähre
Wir fahren gerne zum Hafen in Livorno. Im Gegensatz zu Genua ist es hier entspannter, die Leute weniger gestresst und dadurch netter.
Wann die Fähren nach Korsika ablegen? Keine Ahnung. Wir wollen einfach für das nächstmögliche Schiff ein Ticket kaufen. Zur Not kann man in der näheren Umgebung des Hafens wunderbar übernachten.
Die Dame am Schalter spricht ein paar Brocken Englisch. Perfekt.
„Die Fähre nach Bastia legt in 10 Minuten ab, dafür seid ihr zu spät“
„Wann geht die nächste?“
„Morgen. Moment, ich telefoniere mal…“
Als sie uns das Ticket unter der Glasscheibe hindurchschiebt, verabschiedet sie uns mit den Worten: „GO, GO, GOOO!!!“
Das war mal Timing. Eine viertel Stunde später verlassen wir das Italienische Festland.
Korsika, die bergige, grüne Insel Frankreichs, erreichen wir nach ruhigen 4,5 Stunden Überfahrt auf unbequemen Sitzen.

Ankunft auf Korsika
Unser erster Stellplatz auf Korsika empfängt uns mit direktem Zugang zum Strand. Wäre unser Fahrzeug kleiner, hätten wir auch direkt an den Strand fahren können. Eine Schranke zur Höhenbegrenzung hat jedoch etwas gegen unseren LKW. Egal, auf dem netten Platz davor lässt sich super in Nachbarschaft zu einem ausgebrannten Auto stehen.


Wir sind gespannt. Im Vorfeld wurde uns etliche male gesagt, dass unser Fahrzeug zu groß für Korsische Straßen und Pisten sei. Wir freuen uns darauf, es herauszufinden!