Von der Star Wars Kulisse in den Steinbruch

SabineReisetagebuch

Freitag, 14.12.2018

Am Morgen stellen wir fest, dass wir mit dem Fotolicht kein Glück gehabt hätten. Der Himmel ist bewölkt, über Nacht hat es sogar geregnet. Durch unsere Polizeieskorte am Vorabend haben wir also nicht viel verpasst.

Zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang ist der Besuch von Mos Espa kein Problem. Nach dem Frühstück sind wir innerhalb einer halben Stunde vor Ort.

Doch das hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. In den vergangenen Jahren haben ansässige Souvenierhändler einen hässlichen Zaun um die Kulissen gebaut. Als Tobias zum letzten mal hier gewesen ist, stand er noch nicht.

Der Zutritt ist noch immer kostenlos, doch wir hätten gerne Eintritt bezahlt, um im Gegenzug von den Händlern in Ruhe gelassen zu werden. Zum ersten mal erleben wir in Tunesien marokkanische Aufdringlichkeit, damit wir etwas kaufen. Das kann einem auf die Nerven gehen, hätte mich aber nicht weiter geärgert. Ich war sogar gewillt, ein weiteres Weihnachtsmitbringsel in unsere Sammlung wandern zu lassen. Die Lust verloren haben wir allerdings, als die Händler Wüstenfüchse anschleppten, die sie an einer Leine gefangen hielten. Wir sollten uns mit ihnen gegen ein paar Dinar fotografieren lassen. Ohne es zu wollen, bekam Tobias den Fuchs an die Brust gedrückt. Er wich aus – wollte auch nicht dafür zahlen, dass wilde Tiere für solche Zwecke missbraucht werden.

Mos Espa ist schnell besichtigt. Nicht nur weil die Kulissen unspektakulär sind, sondern auch weil wir uns wirklich bedrängt fühlen. Die Energie, die die Souvenierhändler hier an den Tag legen und ins Fangen von Tieren stecken, hätten sie besser für den Erhalt der Kulissen aufwenden sollen. Ein bisschen Gips gegen den weiteren Verfall der Bauten und ein Eimerchen Farbe würden dem zukünftigen Besucheraufkommen keinen Abbruch tun.

Die Stadt auf dem Wüstenplaneten im äußeren Territorium – wohl nur für einen absoluten Superfan empfehlenswert. Wobei: Dann ist das schöne hinein versetzen in den Film ganz bestimmt dahin.

Ein bisschen erkunden wir noch die umliegenden Dünen, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

Star Wars Kulissen Mos Espa, Nefta, Tunesien
Mos Espa. Sieht aus der Entfernung besser aus, als in echt.

Von den Dünen in die Berge

Ab jetzt wollen wir noch ein bisschen was anderes sehen, als Dünen. Wir haben genug gebuddelt und möchten gerne gemeinsam noch wenigstens eine Bergpiste nehmen. Tobias und Clemens im MAN, Uli und Edith in ihrem Sternchen und Volker im Zetros werden uns bereits übermorgen wieder verlassen. Der Konvoi schrumpft dann auf Herman und The Sunnyside.

Tunesien hat zwar nicht so gewaltige und abwechslungsreiche Berglandschaften wie Marokko, mit dem Hohen Atlas oder dem Anti Atlas zu bieten. Jedoch gehören auch die Bergkämme der Dorsale zum Atlasgebirge – dem Tellatlas, der sich an der Mittelmeerküste von Marokko über Algerien bis Tunesien zieht. In den Dorsale findet man Berge bis 1500 Meter Höhe. Vom Star Wars Wüstenplaneten aus erreichen wir allerdings heute nur ein paar flache Ausläufer am äußersten, südwestlichen Rand.

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Sprengung? Wir kommen!

Unser Weg führt uns Richtung Gafsa. Wir befinden uns auf einer kleinen Piste, als wir in einiger Entfernung eine Sprengung sehen. In Tunesien werden Phosphatmineralien abgebaut. Da uns ein festes Ziel auf unserem Weg sowieso fehlt, beschließen wir kurzerhand, Richtung Sprengung zu fahren – reiner Spieltrieb, ohne tieferen Sinn.

Der spontane Beschluss beschert uns eine Fahrt durch tolles Gelände. Wir finden eine Piste mit einigen tieferen Senken und befahren ein trockenes Flussbett, das mit ein paar recht „fluffigen“ Passagen aufwartet. Da wir alle bereits Straßendruck in den Reifen haben, fühlt sich das eigentlich unspektakuläre Wadi dennoch nach einer schönen, kleinen Herausforderung an. Wir haben Spaß … vor allem, als wir plötzlich ziemlich unvermittelt durch das Haupttor der Bergbaugesellschaft fahren.

Die Arbeiter staunen nicht schlecht, als wir plötzlich bei ihnen im Tagebau stehen

Für mich ist klar: Die schmeißen uns jetzt hier hochkant raus – doch da wir alle nicht einfach den Rückwärtsgang einlegen und den gleichen Weg Retour wollen, lassen wir die Reaktion einfach mal auf uns zukommen.

Ich bleibe im Herman, während Micha sich zu der kleinen Menschentraube gesellt, die sich vor uns, bei Volkers Zetros bildet. Mit seinen paar Brocken Französisch kann er dort eh mehr ausrichten als ich.

Es dauert eine ganz Weile. So lange, dass ich schon fast damit rechne, dass die Bergbauleute die Polizei gerufen haben. Um so überraschter bin ich, dass wir durch das Abbruchgebiet fahren dürfen. Micha springt auf den Fahrersitz, als er mit die Nachricht überbringt. In diesem Moment sehen wir auch schon, wie ein sehr gut gelaunter Tunesier versucht, die Beifahrertür des vor uns stehenden Zetros zu öffnen. Sie ist verschlossen, er zieht ein paar weitere male am Türgriff. Volker macht vom Fahrersitz aus auf – und schon sitzt der Tunesier im LKW.

Eigentlich hatten wir uns darauf geeinigt, dass wir keinen Begleiter mitnehmen müssen, erklärt mir Micha. Naja, jetzt sitzt er auf jeden Fall bei Volker im Auto. Und der gibt Gas. Außer uns, die das Zusteigen des neuen Mitfahrers beobachten konnten, hatte der Rest des Trupps nicht mitbekommen, dass wir nun eine Person mehr in der Kolonne haben. Über Funk wird die Information ausgetauscht, als sich alle sich wundern, warum Volker plötzlich die Führung der Truppe übernimmt. Er selbst, so hoffen wir, hat sein Funkgerät jedoch ausgeschaltet – die Dinger sind in Tunesien schließlich illegal.

Der Weg durch den Steinbruch ist weit. Wir sind bereits seit Kilometern unterwegs, als wir uns fragen, wie der Mitarbeiter, den wir im Gepäck haben, wieder zu seinem Arbeitsplatz zurück kommen soll.

Die Vermutung, dass er dies als praktische Mitfahrgelegenheit nach Hause und Grund für einen vorgezogenen Feierabend nutzte, erwies sich aber bald als richtig.

Volkers Funkgerät ist tatsächlich nicht an. Sein Handy hat er allerdings ebenfalls nicht geladen. An einem Bahnübergang wird unsere Gruppe getrennt. Dem Guide war es selbstverständlich egal, dass nur Volker es vor dem Zug über die Gleise geschafft hatte – er wollte schließlich einfach nur nach Hause.

Wir haben schon lange keinen Sichtkontakt mehr zum Zetros, als der Zug vorbei gefahren ist. Dazu gibt es Verluste am Disco zu verzeichnen. Zwei Fußstützen des Dachzeltplateaus sind weggeflogen. So können wir nicht weiterfahren. Eine Fußstütze finden wir zum Glück wieder.

Nach der Reparatur erreicht Tobias endlich Volker am Telefon. Er musste seinen Begleiter in die nächste Stadt, nach Gafsa fahren.

Wir beschließen einen Übernachtungsplatz zu suchen, durchfahren eine Müllhalde und zwischen zwei Bauernhöfen in ein kleines Wadi. Einige Meter bergauf findet sich ein ganz wunderbarer Platz, der unsere Herzen höher schlagen lässt. Hier wird das Lager aufgeschlagen und Lagerfeuer gemacht. Volker, der Koordinaten bekommen hat, trifft später ein. Ein grandioser Platz um einen abwechslungsreichen Tag mit den Freunden Revue passieren zu lassen.

Tunesien, Campen Nähe Gafsa

Begleite uns in diesem Video: Star Wars mit Polizeieskorte und über den größten Salzsee der Sahara in die Berge