Ein amerikanischer Schulbus war nicht von Anfang an der große Traum von Kai und Julie, bei der Suche nach dem passenden Wohnmobil – aber ihre Liebe auf den ersten Blick.
Ihr seid verrückt!
Das war eigentlich die normale Reaktion von Freunden und Bekannten, wenn wir von unserem Projekt erzählt haben. Und um ehrlich zu sein, steckt da natürlich auch ein Fünkchen Wahrheit drin.
Eines gleich vorab: Sich einen amerikanischen Schulbus zu kaufen ist mit Sicherheit keine rationale und schon gar keine vernünftige Entscheidung. Das sollte jedem, der sich einen kaufen möchte, klar sein.
Liebe auf den ersten Blick
Wir haben schon länger nach einem passenden Bus für uns gesucht. Diese Suche gestaltete sich aber extrem schwierig, da Sprinter und Co. für uns nicht in Frage kamen. Wir hatten einen schönen, preiswerten und vor allem unverbauten DüDo im Auge, doch der wurde uns leider vor der Nase weggeschnappt.
Unseren Bus haben wir bei uns um die Ecke, auf dem Weg ins Café entdeckt. Frisch aus Amerika eingetroffen stand er da auf der Strasse und wartete auf die TÜV-Abnahme. Wir waren vom ersten Moment an begeistert.

Ich ( rational und vernünftig) hatte gleich die passenden Gegenargumente parat. Julie (das Gegenteil von mir) trumpfte dafür mit nur einem einzigen Kaufargument auf:
„DER IST TOLL !“
Gott sei Dank war Ich dann auch leicht zu überzeugen und so haben wir 2 Tage später zugeschlagen. Der stattliche Kaufpreis tut leider heute noch weh und wenn man bedenkt was wir da mittlerweile reingesteckt haben, wird der Schmerz fast unerträglich. Aber man wird natürlich auch belohnt. Und wie!
Euphorie und Ernüchterung
Ich denke, mittlerweile sickert langsam durch, dass wir beide nicht die „großen“ Autospezialisten sind, sondern uns eher auf unser Bauchgefühl verlassen.
Somit standen wir dann eine Woche später mit unserem amerikanischen Schulbus im Originalzustand und einigen Fragezeichen im Gesicht da und die Arbeiten sollten beginnen. Der Bus hatte ja ganz frischen TÜV ohne Mängel. Und der Autohändler war ja auch so nett. Da konnte ja nix schiefgehen!
Voller Euphorie begannen wir damit den Bus zu entkernen.
Schon beim Versuch, die ersten, verrosteten Schrauben der Sitzreihen zu lösen, wurde uns klar, dass es doch etwas länger dauern würde. Offensichtlich hatte der Bus in Florida schon eine etwas längere Standzeit hinter sich. Unter dem Bodenbelag (feuchtes Sperrholz) offenbarten sich, neben dem zu erwartenden Rost, auch mehrere Ameisenvölker. Bei dieser Population hätte der National-Geografic in unserem Bus sicher einen abendfüllenden Spielfilm drehen können.


Bei der Gelegenheit haben wir dann auch mal unter dem Wagen gelegen – und sofort 2 riesige, noch leicht vom Rost verdeckte Löcher im Rahmen entdeckt.
Das war natürlich der Super-Gau. Unter normalen Umständen hätten wir dem Händler den Wagen unverzüglich wieder auf den Hof gestellt und unser Geld zurück verlangt. Doch mittlerweile hatten wir uns trotz widrigster Umstände in den Wagen verliebt. Somit wurden die Löcher TÜV-gerecht geschweißt und eine Nachuntersuchung beim TÜV (diesmal unserer Wahl) ergab, dass der Wagen an sich in Ordnung ist.

Somit lautet unser Kaufberatungs-Tipp Nummer 1:
Traue niemals dem netten Autohändler!!!
Und gleich Tipp Nummer 2:
Suche nach Rost! Er ist der größte Feind, bei diesen Autos!
Ersatzteile und Hilfe
Meine größten Bedenken waren eigentlich die Ersatzteile.
Glücklicherweise haben sich meine Bedenken bislang nicht bestätigt, obwohl wir aktuell seit knapp 3 Wochen auf eine Starterhalterung aus den USA warten. Das ist aber eine Ausnahme.
Ansonsten gibt es hier zu Lande einige Anlaufstellen für Neu- und Gebrauchtteile und wenn´s mal ganz dicke kommt muss man halt in Amerika bestellen.
Problematisch sind natürlich alle Bauteile, die mit dem Aufbau zu tun haben, denn die sind nicht von GMC, sondern von Thomas. Thomas nimmt nur das Original-Fahrerhaus und das Fahrgestell und setzt dort den eigenen Aufbau drauf. Das ist alles sehr simpel gelöst. Das sieht man dann, wenn der Bus komplett entkernt ist. Sowieso ist an dem Wagen alles sehr, sehr simpel gemacht, was ein großer Vorteil ist. Ersatzteile für den Thomas Aufbau zu bekommen ist eher schwierig und muss somit hier handgefertigt werden.
Es gibt aber noch die amerikanischen „Skoolie“ Facebook- Gruppen, die uns sehr geholfen haben. Die Mitglieder kennen sich aus und sind sehr hilfsbereit, besonders bei einem Schulbus, der in Deutschland steht. Von dort kann man sich auch mal was bekommen, wenn alle Stricke reißen.

Fahrspaß und Verbrauch
Den Bus gab es mit 3 verschiedenen Motorisierungen. Wir haben die 6.2 Liter, V8 Diesel Variante – natürlich ohne grüne Plakette. Die brauchen wir auch nicht, sie kann aber für den ein oder anderen wichtig sein. Darauf sollte man also unbedingt achten.
Der Motor ist ein Klassiker und hat den Ruf unzerstörbar zu sein. Ich hoffe das stimmt auch. Bisher läuft er auf jeden Fall tadellos und so einen V8 zu fahren bringt natürlich auch viel Spaß. Trotz des Gewichts von 3.9 t passiert da richtig was, wenn man auf´s Gas tritt. Das trägt natürlich erheblich zum Fahrspaß bei.
Wir fahren mit einer Reisegeschwindigkeit von 80 – 100 km/h durch die Gegend, können aber zum Überholen auch mal locker 120 km/h machen. Das war uns wichtig.
GMC wollte mit der Maschine beweisen, dass sie auch „sparsame“ Motoren bauen können. Sparsam natürlich im amerikanischen Sinn. 15,5 l / 100km/h finde ich für das Fahrzeug aber auch wirklich ok und dafür, dass wir unser „Tinyhouse“ durch die Gegend fahren, sowieso. Auf langen Strecken macht sich das dann aber doch schon im Portemonnaie bemerkbar.
AMERIKANISCHER SCHULBUS –
IN DEUTSCHLAND KAUFEN
ODER SELBER IMPORTIEREN
Diese Fahrzeuge haben natürlich ihren Preis. Einen amerikanischen Schulbus hier her zu schaffen und alle Gutachten und Bescheinigungen zu bekommen, kostet einiges an Geld und auch Zeit. In Amerika bekommt man die Busse allerdings für sehr kleines Geld.
Wenn man die Zeit (und Muße) hat, nach Amerika zu fliegen, sich einen Bus auszusuchen und sich um die Verschiffung und Zoll zu kümmern, sollte man das tun. Ob man dabei wahnsinnig viel Geld im Vergleich zum bereits importierten Bus spart, möchte ich jedoch bezweifeln. Man hat aber den Vorteil, dass man genau den Bus bekommt, den man haben möchte. Es gibt unzählige Versionen. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Man sollte auf jeden Fall damit rechnen, 10.000,- bis 18.000,- Euro los zu sein, bis man Besitzer so eines Schulbusses ist – und dann kommen erst die Arbeit und das Geld für Instandsetzung und Ausbau.
Was es noch zu bedenken gibt
Die amerikanischen Schulbusse sind auf simpelste Art und Weise gebaut und aus Blech und Alu zusammen genietet. Das hat Vorteile aber auch Nachteile.
Wir haben viel, viel Zeit und Geld in die Isolation und Schalldämmung gesteckt. Dieses Problem hatten wir zu Anfang total unterschätzt. Das, was an Wärmeisolierung vorhanden war, reicht sicherlich im „Sunshine -State“ Florida aus aber nicht in Europa – und wir möchten den Bus zu allen Jahreszeiten nutzen.
Das Gleiche gilt für die Schallisolierung. Die ist im Originalzustand quasi nicht vorhanden und eine Unterhaltung ist bei Tempo 80 kaum noch möglich. Wir haben den kompletten Bus mit Armaflex* und das Führerhaus, sowie die Radkästen, zusätzlich mit Alubutyl* ausgekleidet, was den entscheidenden Unterschied gebracht hat. Die Investition hat sich wirklich gelohnt!
Was für ein wichtiges Thema.
Auch wir haben die Lautstärke in unserem zukünftigen Wohnmobil total unterschätzt. Um ohne Kopfschmerzen ans Ziel zu kommen, durfte man keinen weiten Weg vor sich haben!
Die Erfahrung mit einer Schwerschicht aus Alubutyl* und zusätzlicher Isolierung können wir nur bestätigen. Lies hier unseren ausführlichen Bericht zu diesem Thema!

Sitzplätze sind auch ein Thema für sich. Der Wagen hat keinen klassischen Beifahrersitz, weil dort der Mechanismus für die obligatorische Schulbus-Tür verbaut ist. Wir haben eine originale Sitzbank längs zur Fahrtrichtung eingebaut und bekommen somit noch einen weiteren Sitzplatz eingetragen. Je nach Raumaufteilung kann man natürlich noch mehr Sitzplätze schaffen, aber wir wollten lieber mehr Platz.
Ein amerikanischer Schulbus –
Was spricht dagegen?
Wenn wir unterwegs sind, lieben wir die Abgeschiedenheit und stehen zu 99% frei. Aufgrund der Originalität ist der Bus natürlich ein Eyecatcher. Daran hatten wir beim Kauf überhaupt nicht gedacht und mussten uns erstmal daran gewöhnen. Incognito reisen ist schwierig und wir kommen uns manchmal vor wie im Zoo, wenn sich Menschentrauben um den Bus bilden um Selfies zu machen, obwohl wir gerade im Bus sind! Das kann schon mal nervig sein.
Die Anschaffungskosten sind natürlich erheblich und ich würde den Bus auch als relativ arbeitsintensiv bezeichnen. Es sind ständig irgendwelche Kleinigkeiten: Scheibenwischer fallen aus, Blinker funktionieren plötzlich nicht mehr, der Anlasser reißt ab, undichte Fensterdichtungen und, und, und…. Ich denke, dass das für einen Wagen in dem Alter nichts ungewöhnliches ist, aber man sollte sich schon bewusst sein, dass man hier keinen Sprinter von 2011 durch die Gegend fährt. Auf viel Bastelarbeit einstellen ist also angesagt.
Das wiederum bedeutet, dass eine Halle zum Arbeiten unerlässlich ist. Die klassische deutsche Garage ist leider zu klein.
Zu den Unterhaltskosten können Wir noch nicht soviel sagen. Bisher ist das ziemlich überschaubar. Ich denke, das größte Manko ist der Rostbefall bei diesen Bussen, da die älteren Modelle in der Regel lange Standzeiten hinter sich haben und schon lange vor sich hin gammeln.

Was spricht für den
amerikanischen Schulbus?
Wir haben uns den Bus in erster Linie wegen der Bauart/Bauform gekauft. Dass es jetzt ausgerechnet ein amerikanischer Schulbus ist, war für uns nicht wichtig gewesen.
Ursprünglich wollten wir den Bus sofort umlackieren, doch aus Kostengründen wurde das erstmal vertagt. Mittlerweile haben wir uns an den „Look“ gewöhnt und werden ihn auch erst einmal im Originalzustand belassen. Durch die Breite von 2,50m und die vielen Fenster hat man das Gefühl in einem großen Raum zu stehen.
Grundsätzlich gibt es einfach Platz in und auf dem Bus bei einer relativ geringen Länge von 5,45 m . Den Bus zu fahren macht natürlich eine Menge Spaß (nach der Schalldämmung!).
Last but not least noch etwas, mit dem wir zuvor überhaupt nicht gerechnet haben: Der Bus zaubert den Leuten ein Lächeln in’s Gesicht. Die Menschen winken uns zu und sind sichtlich begeistert. Vielleicht gibt es auch so was wie den Schulbus-Bonus, wer weiß. Die Leute sind super hilfsbereit und interessiert, was die Reise für uns zu einem noch schöneren Erlebnis macht!
Julie, Kai und ihrem amerikanischen Schulbus folgen
Du findest auch, dass das eine total schöne Geschichte ist und möchtest wissen, wie es mit dem amerikanischen Schulbus für Julie und Kai weiter geht?
Dann folge den beiden doch!

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