Von Douz in die Wüste

SabineReisetagebuch

Samstag, 08.12.2018

Mit der Ankunft auf dem Campingplatz in Douz haben wir ein erstes Ziel in Tunesien erreicht. Wir sind ausgelassener Stimmung. Alle Fahrzeuge haben es bis hier in mit Bravour geschafft – unser H3 auf seiner Jungfernfahrt, der Discovery mit seinem erst letzte Woche ausgetauschten Motor, der MAN von Tobi, der ebenfalls auf den aller letzten Drücker noch einige „experimentelle“ Umbauten an der Tankanlage bekommen hat.

Warum ist hier niemand?

Besonders schön macht unsere Ankunft, dass weitere Freunde dort schon auf uns warten. Aber auch der tolle Platz, auf dem wir die Nacht verbringen, löst direkt ein Wohlfühl-Gefühl aus. Geparkt wird unter Dattelpalmen, alles ist top gepflegt und mit Liebe angelegt. Der nette Mann Namens Bashir, ich schätze ihn Mitte 40, empfängt uns mit jeglichem Service, den er aufbieten kann. Ich wundere mich deshalb am Abend noch, dass wir die einzigen Gäste auf so einem schönen Campingplatz zu sein scheinen.

Volker, der uns ab jetzt mit seinem Zetros begleiten wird, hat mit Bashir bereits über das Problem gesprochen. 90% erklärt ihm dieser – 90% sind die Besucherzahlen seit den Anschlägen auf Touristen 2015 eingebrochen. Und es geht ihm nicht alleine so. Das Land, das vor Jahren einen florierenden Tourismus hatte, steht heute in dieser Hinsicht fast völlig still. Anlagen und Hotels verfallen. Zahlreiche Menschen, die sich eine Existenz rund um Angebote für die Besucher aufgebaut haben, stehen vor dem Nichts.

Viel Platz auf dem Campingplatz in Douz für unsere Truppe. Der Platz ist in jeder Hinsicht zu empfehlen

Sind wir hier sicher?

Auch wir haben uns ein klein wenig verunsichern lassen, bevor wir aufgebrochen sind. Von Entführungen ist die Rede, von No Go Areas und von der Gefahr von Anschlägen. Karo und ich recherchieren etwas, da wir in die Wüste fahren und auch campieren wollen. Das soll besonders gefährlich sein. Müssen wir Angst haben, entführt zu werden?

Nach unseren Erkenntnissen gab es einen(!) Entführungsfall eines österreichischen Paares. Das war 2008. Die beiden waren 8 Monate verschwunden und sind dann in Mali wieder frei gelassen worden. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was die beiden in dieser Zeit erlebt haben müssen. Doch kann ich ein ganzes Land dafür verantwortlich machen und vor allem: Kann ich mich in absoluter Sicherheit wiegen, wenn ich es nicht besuche? Nein! Es gibt überall auf der Welt einzelne Menschen, die Böses wollen. Während ich hier, in Tunesien, mein Tagebuch schreibe, höre ich zwischendurch die Nachrichten von wiederholten, schlimmen Messerattacken auf Besucher der Weihnachtsmärkte Zuhause. Von zwei Frauen, die wahllos niedergestochen wurden – einfach so, weil sie in vorweihnachtlicher Stimmung einen Glühwein trinken wollten. In einer Deutschen Stadt.

Wir erinnern uns in solchen Situationen immer an die Begegnung mit einem marokkanischen Militärbeamten. Weihnachten 2015 haben wir ihn bei einer Passkontrolle in der Nähe der algerischen Grenze kennengelernt, als wir einen Abschnitt der Paris-Dakar mit Herman 2 fahren wollen. In diesem Jahr sind Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Deutschland ja richtig „in Mode“ gekommen, als wiederholt LKW‘s in die Menge der friedlich Weihnachten feiernden Menschen gesteuert wurden. Doch komischer Weise wussten wir erst gar nicht, was er meint, als er uns fagt: „Habt Ihr nicht Angst, wieder zurück nach Deutschland zu gehen?“ Manchmal muss man wohl einfach einmal die Perspektive ändern.

Bashir freut sich auf jeden Fall riesig, dass wir da sind und liest uns unsere Wünsche von den Augen ab. Am späten Abend schickt er jemanden los, noch Getränke für uns zu organisieren. Wir zahlen umgerechnet 10 Euro mit allem drum und dran pro Nacht.

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Ab, in die Dünen der Sahara

Nach einer kleinen Besprechung am Morgen, geht es für unsere vier LKW und den Geländewagen zum ersten mal gemeinsam in die Dünen.

Besprechung für's Geländefahren
Tobi „predigt von seiner Kanzel“ die Grundsätze, die wir beim Durchqueren der Wüste beherzigen sollen

Es zeigt sich sehr schnell, dass die kleine, neunköpfige Reisegruppe nicht aus Profi Dünenfahrern besteht. Die ersten Schaufelaktionen lassen auch nicht lange auf sich warten. Tobias hat sich das vorankommen aus seinen Rallyezeiten wohl einfacher vorgestellt. Doch anders als bei einer Rallye, fährt der kleine Trupp eben gemeinsam und wenn die beste Linie erst einmal von einem LKW befahren wurde, hat die zuvor geschlossene Sandoberfläche ihre Tragfähigkeit für das nächste Fahrzeug verloren. Von geplanten 60 km schaffen wir ungefähr ein Drittel.

Herman schlägt sich dabei aber wirklich phantastisch. Der Gewichtsvorteil unserer Leerkabine trägt sein Übriges zur guten Performance bei und wir sind vollauf zufrieden: Das Fahrzeug wird zwar noch schwerer werden, doch eine Leistungssteigerung um gut 40 PS steht ebenfalls noch an und gleicht davon hoffentlich einiges wieder aus. Genug Drehmoment ist auf jeden Fall vorhanden.

Total glücklich sind wir mit der Wahl der Bereifung. Die großen 395er XZL graben sich durch den Sand, als wenn wir mit einem Kettenfahrzeug unterwegs wären. Volle 100 Punkte auf unserer Zufriedenheitsskala.

Discovery im Sand versenkt
Auch der Discovery ist vorm Einbuddeln nicht gefeit

Eine Wüstenübernachtung auf dem Weg zur heißen Quelle der Oase Ksar Ghilane war eingeplant. Mit dem derzeitigen Vorankommen werden es wohl mindestens zwei – wobei aber noch zu erwähnen sei, dass wir auch viel zu spät erst los gefahren sind. Nach Frühstücken, Tanken und einem kleinen Briefing zum Dünenfahren durch Tobi, war der halbe Tag auch schon vorbei. Und ehrlich gesagt freue ich mich über mehr Nächte in der Wüste. Der nächtliche Sternenhimmel ist hier einfach unvergleichlich. Kein künstliches Licht verschluckt dort das Leuchten eines einzigen Sterns. Kein Geräusch stört den erhabenen Anblick.

Dünencamp Tunesien
Unsere heutige Wagenburg in den Dünen