Mittwoch, 05.12.2018
Nach 8 Monaten Bauzeit ist Herman 3 endlich zum ersten mal (wenn auch noch mit leerer Kabine) mit uns unterwegs. Und damit ist dies unser erster Eintrag in seinem Reisetagebuch.
Wir sind selbst unglaublich gespannt, welche Erlebnisse und Erfahrungen wir hier im Laufe der Jahre festhalten werden. Immerhin füllt unser Leben selbst diese Seiten. Von Asien bis Amerika – mit Herman 1 und Herman 2 haben wir Reiseblut geleckt und die Wunschliste an Zielen ist groß. Machen wir uns daran, sie abzuarbeiten!
Von der Werkstatt auf die Fähre
Zeit, uns auf die bevorstehende Reise zu freuen hatten wir nicht. Herman reisebereit zu kriegen, artete in den letzten Wochen in einen regelrechten Krimi aus. Die Tage vor der Abfahrt wurde quasi Tag und Nacht durch geschraubt. Dabei gab es mehr als nur einen Rückschlag zu verkraften. Eine Kabine selber zu entwickeln, mit eigenen Klappen, Türen, Fenstern – da weicht die Realität doch so manches mal gnadenlos von den schön gestalteten Zeichnungen ab.
Doch das grandiose Gefühl eine Herausforderung gemeistert und etwas Tolles geschaffen zu haben, würde sich wohl niemals einstellen, wenn alles immer einfach so klappen würde.

Fährtermin – GESCHAFFT!
Selbst Freunde und Bekannte konnten nicht glauben, dass wir es schaffen würden, als wir aktuelle Bilder und Stories unseres Baufortschrittes bei Facebook und Instagram posten.
Doch wir haben es geschafft und sitzen auf der Fähre nach Tunesien. Mit dem LKW, den die Feuerwehr Offenbach ausgemustert hat und den wir selbst in vielen Stunden Arbeit zum Reisemobil umbauen. In aller letzter Minute sind wir in Genua angekommen und konnten noch auf die Fähre rollen. Was für ein tolles Geschenk, das mir der Tag zu meinem heutigen Geburtstag macht!
Einen Innenausbau hat unsere Wohnkabine noch nicht – ein paar Sachen sind in Normkisten verstaut und am Boden verzurrt, eine Matratze liegt lose davor und dient als Nachtlager.
Mit uns unterwegs sind unsere Freunde Phil und Karo von The Sunnyside, Tobias, Chef von 4wheel24, mit dessen Unterstützung wir das Projekt Herman 3 verwirklichen, sowie Clemens, ein Mitarbeiter von Tobi. Ihm gebührt an dieser Stelle unser besonderer Dank. Seinem, im wahrsten Sinne des Wortes, unermüdlichen Einsatz haben wir zu verdanken, dass wir rechtzeitig fahrbereit geworden sind. Dabei hat er nicht nur mit uns gearbeitet, sondern auch den Job des Seelentrösters übernommen, wenn wir völlig demotiviert dachten, dass gar nichts mehr geht.

Inzwischen sind wir moralisch wieder oben auf. Die Fahrt nach Genua hat unser neuer Herman mit absoluter Bravour absolviert.
Für uns ist das unterwegs sein im Iveco 90-16 ein ganz neues Reisegefühl. Dagegen fühlt man sich in unserem Steyr 680 bei Ankunft an einem Ziel immer ein bisschen wie nach einer Schicht im Steinbruch. Wir lieben den Charme von Herman 2 – doch das Mehr an Reisekomfort ist ein tolles Gefühl und auf der Fahrt wächst unsere Vorfreude auf alles, was wir mit ihm erleben werden.
AnzeigeChaosfahrt durch Genua
Ein bisschen stressig wird es dann aber doch noch, als wir Genua erreichen. Wir verpassen die Ausfahrt zum Hafen und landen in der Altstadt. Hinein ins Getümmel führt uns (unabsichtlich natürlich) eine Brücke, die für 2,5 Tonnen freigegeben ist. Das aktuelle Gewicht von Herman beträgt übrigens 6 Tonnen. Tobias und Clemens sind mit einem 12 Tonner unterwegs.
Von der Möglichkeit, dass wir ein saftiges Ticket kassieren einmal abgesehen: Gerade noch sind wir an dieser speziellen Brücke vorbeigefahren, die noch vor wenigen Wochen direkt zum Hafen führte – bis sie unter den auf ihr fahrenden Fahrzeugen zusammengebrochen ist und diese 40 Meter in die Tiefe stürzten. Na hoffentlich hat die Gewichtsbeschränkung hier nichts mit der Stabilität zu tun, scherzen wir über Funk von Fahrzeug zu Fahrzeug und hoffen, dass die Brücke hält.
Richtig spannend werden allerdings erst die folgenden Sträßchen der Innenstadt, durch die wir ziemlich planlos irren, um zurückzufinden.
„Das wird so nix, wir schalten jetzt das Navi an, da kann man LKW einstellen“, hören wir über Funk aus dem Discovery von Phil. Ab jetzt wird es so spannend, dass uns stellenweise Passanten auf der Straße begleiten und mit Daumen und Zeigefinger angeben, wie viel Platz noch zwischen den Trucks und parkenden Fahrzeugen, bzw Hauswänden ist. Als wir am Hafen ankommen, sind wir froh, die spektakuläre LKW Funktion des Navis heil überstanden zu haben.

Gerettet haben uns die Funkgeräte*, die Tobias uns zum Glück noch kurz vor der Abfahrt organisiert hat. Dank ihnen hatte unsere Zentimeterarbeit durch die Stadt etwas Lustiges. Hätten wir jedoch nicht so einfach von Fahrzeug zu Fahrzeug kommunizieren zu können um uns abzustimmen, wäre das Ganze in Chaos und schlechte Laune ausgeartet.
Wir haben beschlossen, dass die kleinen Funkgeräte in Zukunft auf jeden Fall fester Bestandteil der Herman-Ausstattung werden. Sie haben sich bereits am ersten Tag als unbezahlbar wertvoll herausgestellt und ich gehe schon jetzt jede Wette: Wir werden sie bei den kommenden Touren durch die tunesische Sahara ständig im Einsatz haben.
Tunesien, wir kommen
Es ist nun 14:30 Uhr und wir sitzen alle zusammen in einem Cafe der Fähre. Um 18 Uhr werden wir in Tunis anlegen und versuchen noch einige Kilometer Richtung Süden zu schaffen. Sandkasten wir kommen.
Gerade haben wir noch eine kleine Wette abgeschlossen. Wie viele Stunden werden wir während dieser Reise mit dem Freischaufeln unserer Fahrzeuge im Sand verbringen? Wer sich am gröbsten verschätzt hat, muss eine Kiste Bier springen lassen. Wir sind gespannt.
Diese Geschichte als Video
Diese Erlebnisse haben wir natürlich für unseren Vlog festgehalten: