Fes ist die älteste der vier Königsstädte Marokkos. Und sie gilt als die am besten erhaltene Stadt der islamischen Welt. Wir besuchen heute die Medina und zeigen Dir ein paar Eindrücke.
Die Medina Fes el-Bali, also die Altstadt von Fes, wird in unserem Reiseführer als „die ultimative Medina“ beschrieben und wurde 1981 zum Weltkulturerbe erklärt. Eine „orientalisch-arabische Stadt par excellence“ mit über 9.000 Gassen, die teilweise nur gut 50 cm breit sind und gefüllt mit Handwerksvierteln und Händlern.
Klar: Das mussten wir uns gleich zum Einstieg in unsere Marokkoreise einmal ansehen! Komm mit uns, Hettani unserem Guide und einem britischen Ehepaar, mit dem wir uns Tags zuvor vor einem Supermarkt angefreundet hatten. Mit auf eine Reise in eine andere Zeit.
Medina Fes el-Bali
Tatsächlich fühlen wir uns bei unserem Aufenthalt in Fes el-Bali ein bisschen, als wären wir durch einen Riss in der Zeit gefallen. Gerade als wir die Gassen betreten wollen, empfängt uns ein intensiver, dumpfer Geruch nach Verwesung, der sich schwer über das so manchen empfindlichen Magen legen könnte. Automatisch scannen unsere Blicke die Umgebung nach der Ursache ab. Da wo die Luft schwarz von Fliegen erfüllt ist, da muss sie wohl sein. Zu großen Haufen getürmt, warteten dort „frisch“ abgezogene Häute von Ziegen und Schafen darauf, in der Gerberei zu Leder verarbeitet zu werden.
Zwischen Schafsköpfen und Kräutern
Wir starten unseren Rundgang in der Medina bei den Schlachtern und Fischhändlern. Ein gelungener Einstieg um gleich mal abzuhärten. Die abgetrennten Köpfe der Schafe, deren Haut draußen auf der Straße in der Sonne liegt, warteten hier auf einer Pappunterlage auf Käufer, während es sich eine Katze mit triefenden Augen daneben gemütlich macht.
Der Blick schweift unwillkürlich zum Stand gegenüber, weil eine Kundin lautstark mit einem Fischhändler diskutiert. Es geht offensichtlich um die Qualität der Sardinen, in einem kleinen Plastikkörbchen. Laut schwadronierend nimmt die Kundin eine der Sardinen in die Hand und wedelt damit dem Händler vor der Nase herum, fängt an noch lauter zu schimpfen, während die Sardine in die andere Hand wechselt und kritisch begutachtet wird. Sie werden sich nicht einig, zumindest im Moment noch nicht. Die Kundin wirft den kleinen Fisch mit einem Lachen in das Plastikkörbchen zurück und zieht ihres Weges … wahrscheinlich normale Verhandlungstaktik vor dem Kauf wenig später.

Frisch auf den Tisch
Wir müssen lachen, als wir an unsere Lebensmittelhygienevorschriften zu Hause denken. Während an unseren Frischetheken nicht mal Mehrwegbehälter befüllt werden dürfen, weil sie die Ablagefläche im Thekenbereich verseuchen würden, hat sich hier seit dem Mittelalter offenbar nicht viel verändert – was ich jetzt ganz und gar nicht nur negativ meine. Wo der Fisch auf eine Kühlung durch Eis oder Abdeckung vor Fliegen verzichten muss, ist dafür das Fleisch eines Hühnchens, das man kaufen möchte um so frischer. Der Metzger nimmt nämlich nicht ein Stück Fleisch aus der Theke sondern eines der noch lebenden Tiere aus den Regalen hinter sich. Er klemmt das schreiende Hühnchen unter den Arm und schneidet ihm mit einer Haushaltsschere den Kopf ab – so schnell geht schlachten, hier bitte schön! … und sorry für den O-Ton des Hühnchens im Video.
Bloß nicht verloren gehen!
Die Eindrücke prasseln auf uns ein, wie die Hektik in den Gassen selbst. Einige der dunklen Sträßchen, sind so eng, dass schwer zwei Leute nebeneinander passen, doch irgendwie müssen die Lastesel an einem vorbei, die in der Medina das einzig zugelassene Transportmittel sind. Schwer bepackt mit Häuten, Teppichen oder Holz werden sie durch die Gassen getrieben und man fühlt sich ein bisschen wie ein Fremdkörper in einem wild und schnell wuselnden Ameisenhaufen.
Es wäre wohl völlig unmöglich uns wieder zu finden, sollten wir uns hier aus den Augen verlieren. Wir sind unterwegs mit einem älteren Ehepaar aus England. Mit Helen und Graham haben wir uns Tags zuvor auf dem Parkplatz eines Supermarktes angefreundet. Graham hatte einen wunderbar zurückhaltenden aber doch väterlichen Beschützerinstinkt und blieb ganz unauffällig immer hinter mir zurück um aufzupassen, dass ich nicht verloren gehen konnte.

Eine andere Welt
So ziehen wir durch die verschiedenen Viertel der Handwerksbetriebe. Tischler, Gerber, Messingschmiede, Wollfärber – in der Medina gruppieren sich die Gewerke nach ihrer Art an bestimmten Plätzen oder Gassen. Nicht nur die Arten der Arbeit, auch die Arbeitsbedingungen erstaunen uns mit jedem neuen Bild, das sich uns bietet.
Die romantisch verklärten Beschreibungen der Reiseführer wähnen uns in einer Welt aus 1001 Nacht. Doch sollte man sich auch vor Augen halten, dass das Leben der Menschen hier nicht in den Hochglanzfotos bei Marco Polo wiedergespiegelt wird. Die Medina ist schlicht und ergreifend arm. Kinderarbeit ist selbstverständlich und die hygienischen Bedingungen sind nicht etwa nur beim Fischkauf katastrophal. Aber außerhalb der Stadt, auf den Feldern im Rifgebirge, die wir auf dem Weg nach Fes durchfahren haben, da leben die Menschen unter sogar noch sehr viel bescheideneren Bedingungen.
Wir sind in Begleitung eines Einheimischen und so dürfen wir, wie so oft an diesem Tag, einen Innenhof betreten, in den wir als unbegleitete Touristen nie gewagt hätten einen Fuß zu setzen, geschweige denn noch Fotos zu machen. Der Hof enthält Anbindeplätze für einige Packesel, in einer Kammer am Eingang sitzt jemand, der Gurte zusammenflickt und über den Tieren gab es kleine Kammern – Übernachtungsmöglichkeiten für die Menschen, die mit ihren Packeseln aus den Bergen in die Stadt ziehen um ihre Waren zum Kauf anzunbieten. Ein altes, immer noch genutztes Karawanenhotel, eine Karawanserei, wie uns unser Guide erklärte.
Marokko Reisekosten
Was wir für drei Monate Marokkoreise bezahlt haben? Hier unser Haushaltsbuch:

Die Backstube wird beliefert
Sogar ein Besuch beim Bäcker eröffnet mit unserem einheimischen Begleiter eine andere Welt. Ich verstehe erst gar nicht was er meint, als er sagt, dass wir seinen Freund den Bäcker besuchen. Zu ihm brächten alle Frauen hier ihr Brot. Wie, die Frauen bringen Brot zum Bäcker – ich dachte immer man HOLT sich Brot beim Bäcker!?!
Naja, wenn der Bäcker aber der einzige ist, der einen Ofen zum Backen hat … Hier ist es üblich, dass die Frauen die Brote zu Hause selber machen. Anschließend werden die Fladen zum Backen gebracht und später wieder abgeholt. In dem kleinen Raum mit gemauertem Ofen, vor dem der Bäcker den ganzen Tag in einer kleinen Grube steht, türmen sich Brotlaibe in einem Regal.
Wir erkennen keinen Anhaltspunkt der es möglich machen sollte, aber unser erzählfreudiger Guide betont, wie wichtig es sei, dass jede Familie genau die von ihnen abgelieferten Brote wieder erhält – schließlich hat jeder ein bisschen ein anderes Rezept.
Friedliches Miteinander
So manchem Handwerker dürfen wir netter Weise an diesem Tag über die Schulter schauen und seine Arbeit fotografieren. Wir haben so manchen Geruch wahrgenommen, den wir nie zuvor gerochen hatten, Blicke in prachtvoll verzierte, Jahrhunderte alte Universitäten mit winzigen Studentenkammern werfen dürfen – für die schlechten Schüler, wie uns unser Guide verriet; die guten Schüler schliefen alle zusammen im selben Raum, in dem auch gelehrt und gebetet wurde.
Diese Eindrücke werden wir wohl niemals vergessen. Wir standen vor den sieben goldenen Toren des Königspalastes und haben gelernt, dass das jüdische Viertel mit zwei Synagogen genau gegenüber und einige christlichen Gemeinden mit Kirche unweit davon zu finden sind … da soll Zuhause nochmal jemand erzählen, „DIE“ dürfen bei uns ihre Moschen bauen, aber wehe, wir würden bei „DENEN“ eine Kirche hinstellen wollen…
So zeigte uns dieser Tag recht anschaulich, dass man sich selbst und möglichst vor Ort ein Bild von der Welt machen sollte. Es könnte überraschend anders sein, als ein Bericht auf RTL.

Mit dem Wohnmobil nach Marokko
Alle wichtigen Reiseinformationen haben wir hier für Dich zusammengefasst:

Zwischen Traum und Realität
Wir hatten einiges zu verdauen. Zurück in unserem rollenden Zuhause sprudelte es dann auch nur so aus uns heraus und wir sprachen in der Nacht noch lange darüber, wie wir diesen Besuch erlebt haben. Es war … anders. Anders, als in unseren Reiseführern beschrieben und anders als die farbenfrohen Fotos, die die google Bildersuche liefert. „Ein Feuerwerk der Düfte und Farben“ „Ein Märchen wie aus 1001 Nacht!“ Nein, es duftet nicht traumhaft nach Gewürzen und die im Reiseführer gezeigten, typischen losen Waren laden auch nicht gerade alle zum Kauf ein.

Als Tourist brauchst Du auch gute Nerven, weil Du in den Augen der Einheimischen natürlich unfassbar reich bist. Schon wenn Du durch die Stadt fährst, verfolgen dich wild hupende Mopedfahrer um dich gegen Geld auf den besten Parkplatz zu lotsen und die Kette der manchmal schon beängstigenden Aufdringlichkeit nimmt einfach kein Ende. Jeder will etwas von Dir und ist dabei unglaublich hartnäckig. Unser Besuch in Fes war dahingehend aber ok, weil wir bereits in Begleitung eines Einheimischen gewesen sind. Einen Besuch der Medina in Tetouan hatten wir dagegen frühzeitig abgebrochen, weil wir es nicht mal bis zum Eingang schafften, ohne bereits gefühlt 150 Diskussionen zu führen – das machte wirklich keinen Spaß.
Einzigartige Einblicke
Für einen Besuch in Fes würden wir Dir allein schon deshalb ebenfalls zu einem Guide raten. Klar sind wir durch ihn auch in zwei, drei Verkaufsräumen gelandet. Aber wenn man klarstellt, dass man keine Kaufabsicht hat, ist auch alles gut. Toll daran war trotzdem, dass man immer durch die wirklich sehenswerte Produktion der Waren geführt und einem alles erklärt wird.
Zum größten Teil konnten wir durch unsern Guide, der irgendwie alle 82.000 Menschen der Medina zu kennen schien, aber auch Einblicke in das Leben der Menschen hier erhalten. Wir besuchten Gassen und Höfe, in die wir als Touristen allein keinen Fuß gesetzt hätten. Die Menschen, die hier leben und arbeiten kannten Hettani. Er brachte uns hinein und hielt ein kleines Schwätzchen. Wir durften uns in der Zeit einfach umsehen und staunen …
Unser Fazit zum Besuch von Fes
Die Reiseführer haben Recht, die Medina ist tatsächlich mehr als sehenswert. Doch die Schneise zwischen Arm und Reich in der Stadt lässt einen innehalten, genau wie das Nachdenken darüber, wie Fördergelder eingesetzt werden, um ein solches Weltkulturerbe zu erhalten. Die zur Schau gestellten Teile einer bekannten, großen Gerberei etwa werden renoviert und mit einem hübschen Aussichtsbalkon versehen. Doch die Erhaltungswürdigkeit liegt eben darin, dass die Arbeiter viele, viele Stunden am Tag mit teils nackten Füßen in einem Bottich aus Kalk und Taubenscheiße oder einer Farbmischung stehen. Für die weiteren Produktionsräume, wo die Schneider, Sattler und Schumacher arbeiten gibt es wohl keine Förderung, die Arbeitsbedingungen der Angestellten dort dürfen nicht besichtigt werden…

Unser Ausgangspunkt für die Stadtbesichtigung
In Fès standen wir auf dem Campingplatz des Hotel Diamant Vert, das neben einer sehr gepflegten Anlage auch heisse Duschen, Ver- und Entsorgung, sowie schnelles Wlan bietet. Für zwei Personen und Wohnmobil haben wir 100 Dh/Nacht bezahlt. Strom kostet 20 Dh/Tag extra.
An der Rezeption werden Dir täglich geführte Touren angeboten, Du wirst direkt dort abgeholt und auch wieder hin gebracht. Verlasse Dich aber auf keinen Fall auf irgendwelche Zeitangaben. Uns wurde gesagt die Tour dauere ca. 3 bis 4 Stunden. Das wäre für unseren Hund im Wohnmobil okay gewesen und wir buchten die Tour, die wir irgendwann abbrechen und ein Taxi zurück nehmen mussten. Dagegen tauchten Helen und Graham erst nach ungefähr 10 Stunden wieder am Platz auf.
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