
Wir bewohnen nun unseren zweiten, zum Wohnmobil umgebauten Allrad-LKW. Immer mehr Leute interessieren sich, gerade mit Zunahme der Möglichkeiten für remotes Arbeiten, für diese Art des ortsunabhängigen Lebens und suchen das passende Fahrzeug für sich.
Eine der häufigsten Fragen, die uns deswegen erreicht lautet: Was sind die Vor- und Nachteile eines (Allrad-) LKW als Wohnmobil?
Vielleicht können wir mit unseren Erfahrungen helfen, dir die Entscheidung zu erleichtern, wenn Du selber gerade vor der schwierigen Aufgabe der Fahrzeugwahl stehst.
LKW als Wohnmobil – So viele Fragen
Einen Allrad LKW als Wohnmobil zu nutzen und umzubauen, ist mit vielen Vorteilen verbunden – und bestimmt ebenso vielen Nachteilen.
Wir haben über dieses Thema bereits live mit der Community auf unserem Youtube-Kanal gesprochen und der Chat flog mit Fragen nur so an uns vorbei. Danke an alle, die bei diesem schönen, gemeinsamen Abend dabei waren und ihren Input haben mit einfließen lassen!
Hier wollen wir nun noch einmal schwarz auf weiß zusammenfassen, welche Erfahrungen wir in drei Jahren mit einem LKW als einzig vorhandenem Fahrzeug gesammelt haben. Vielleicht stehst Du selber vor der Entscheidung, Dir einen Allrad LKW als Wohnmobil anschaffen zu wollen. Und vielleicht hast Du bisher so wenig Erfahrung mit alten LKW‘s wie wir, bevor wir Herman kauften!? Möglicherweise können wir Dir noch ein paar Überlegungen mit auf den Weg geben, die wichtig für Dich sind. Lass uns in den Kommentaren sehr gerne wissen, wie Dir der Artikel gefallen hat!
Falls Du den Live-Themenabend verpasst hast, kannst Du hier noch einmal reinschauen
UPDATE:
Inzwischen ist unser YoutTube-Kanal leider geschlossen.
LKW ALS WOHNMOBIL – DIE VORTEILE
ZULADUNG
Willst Du lange unterwegs sein, reist mit einer ganzen Familie oder möchtest viel Equipment mitnehmen? Dann wirst Du um das hohe Gesamtgewicht eines LKW dankbar sein. Klar, genügend Platz hast Du vielleicht auch in einem Liner der bekannten Wohnmobilmarken. Doch die mögliche Zuladung lässt meist extrem zu wünschen übrig.
Des Weiteren ist eine hohe Zuladung Grundvoraussetzung, wenn Du lange autark unterwegs sein möchtest. Um mehr als ein paar Tage ohne Infrastruktur auszukommen, benötigst Du entsprechend Vorräte, vor allem Frischwasserreserven. Diese bringen ganz schön Gewicht mit sich. Nehmen wir einfach einmal unseren durchschnittlichen Verbrauch als Beispiel an: Für eine Autarkie von 3 Wochen benötigen wir 260 Liter Wasser (das Wasser aus unseren Tanks nutzen wir dank Wasserfiltern auch als Trinkwasser).
Zudem ist es für Fernreisen ratsam, eine große Reichweite erzielen zu können. 600 Liter Kraftstoff sind bei Fernreisemobilen Standard. Wären wir zusammen mit Wasser und sonstigen Vorräten alleine schon bei einer Tonne. In diesen Bereichen steigen Nicht-LKW Wohnmobile auf jeden Fall schon aus.
Übrigens kann sich die Möglichkeit 600 oder gar 1000 Liter Kraftstoff mitzuführen, richtig bezahlt machen. Nicht nur, dass man vielleicht Ziele erreichen möchte, in denen das Tankstellennetz zu wünschen übrig lässt. Hierdurch kannst Du Dir die Tankstelle auch besser aussuchen. Vielleicht führt Dich Deine Reiseroute durch ein Land mit sehr hohen Kraftstoffpreisen – kein Problem, Du durchfährst es einfach. Getankt wird erst wieder dort, wo die Preise günstig sind.
Auf diese Art kann ein LKW den Nachteil des hohen Spritverbrauchs, je nach Reiseverhalten und Destinationen, wieder stark relativieren.

EINFACHE TECHNIK / KEINE ELEKTRONIK
Als Basis für ein Wohnmobil mit dem man auf lange Reisen und ferne Länder aufbrechen will, werden mehrheitlich LKW‘s bevorzugt, die bereits einige Jahre auf dem Buckel haben.
Das höhere Alter bringt einen riesigen Vorteil mit sich: Die LKW kommen meist mit simpelster Technik aus. Jeder Reisende, der sich ein bisschen in die Materie hereinfuchst, kann unterwegs viele Reparaturen selbst erledigen. Zudem ist jeder Schrauber in der hintersten Ecke der Welt in der Lage zu helfen und das Fahrzeug wieder in Stand zu setzten.
Was schon gar nicht nötig ist: Das Fahrzeug zur Reparatur erst einmal mit einem Computer zu verbinden. Fehler aus der Elektronik löschen, Schlüssel, die plötzlich ihren Fahrer nicht mehr erkennen, eine Reparatur, die nur mit Freischaltung über das Bus-System abgeschlossen werden kann … Eher Suboptimal, wenn man in der afrikanischen Savanne steht.
Wo keine Elektronik ist, kann sie keine Fehler verursachen. Und wo keine komplizierte, anfällige Mechanik verwendet wird, hält die simple, robuste Technik auch mal durch, wenn es auf Reisen etwas grober zur Sache geht.
Viele, gern als Wohnmobil genutzte Allrad LKW kommen aus alten Militärbeständen. Damit es ein LKW Modell dahin schafft, ist es sogar oft eine entscheidende Vorgabe, dass die Fahrzeuge unterwegs im Einsatz zu reparieren sein müssen. Perfekte Voraussetzungen für Fernreisen.
Will man seinen LKW unterwegs selber reparieren, sollte man allerdings noch bedenken, dass der Aus- und Einbau von Teilen oft ein Knochenjob sein kann. Alles ist sehr massiv und schwer, gut hinlangen können ist dabei absolut von Vorteil. Mit Köpfchen bei der Arbeit kann man sich jedoch selbstverständlich Hilfsmittel schaffen, um die Arbeiten ohne all zu großen Kraftaufwand auszuführen.

ANSPRÜCHE AN KRAFTSTOFFQUALITÄT
Im Gegensatz zu modernen Motoren, verzeihen die von alten LKW‘s eine schlechte Kraftstoffqualität, wie sie in vielen Teilen der Welt zu finden ist. Es gibt Spezialisten, wie etwa den MAN KAT 1, der es auch problemlos verträgt, wenn mal „ein Liter Bier im Tank landet“, wie unser Experte Tobias diese Fähigkeit gerne beschreibt.
Für viele Destinationen ist ein in dieser Hinsicht unempfindlicher Motor äußerst wichtig, um mobil zu bleiben.
FÜR HOHE FAHRLEISTUNG KONZIPIERT
Ein LKW gehört mit einer Laufleistung von 300.000 oder mehr Kilometern noch lange nicht zum alten Eisen. Einige werden über eine Million Kilometer gefahren.
Heutzutage werden Fahrzeuge durch die Hersteller von den Schrottplätzen geholt um nachzusehen, was zum Zeitpunkt der Verschrottung noch in einem „zu guten“ Zustand gewesen ist. Um Kosten zu sparen, werden diese Dinge in Zukunft gezielt billiger gebaut. Ein Anschluss wird nicht mehr in einer Qualität hergestellt, dass man ihn beliebig oft aus und einstecken kann – es reicht ja völlig, wenn er drei- viermal hält. Dank Abwrackprämie und Co landet das Fahrzeug eh auf dem Schrott, bevor man ihn ein fünftes mal benutzen wollte. Und sollte jemand es doch getan haben, kann man noch für viel Geld ein Ersatzteil verkaufen.
Im Segment der LKW, gerade auch der älteren oder welchen die gar als Militärfahrzeug dienen, ist dieses Problem quasi nicht vorhanden – die Fahrzeuge von Feuerwehr oder Militär müssen laufen und dafür sind sie konzipiert.
Natürlich heißt das nicht, dass nichts kaputt gehen kann – Sachen gehen bei Benutzung immer kaputt. Doch in Kombination mit der reparaturfreundlichen Technik ist die Wartung und Pflege des Fahrzeugs unterwegs kein Problem und man kann unter normalen Umständen lange Freude damit haben.
PREIS – LEISTUNG
Während man sich über die oben genannten Vorteile freuen darf, braucht sich auch der Geldbeutel bei der Anschaffung nicht zu grämen.
Einen gut erhaltenen Allrad LKW als Basis für ein Wohnmobil bekommt man, je nach Modell, zu einem Preis, für den man andere Fahrzeuge nur noch in einem total heruntergekommen Zustand erhalten könnte.
Selbstverständlich ist es mit dem Kauf des LKW nicht getan. Im Gegensatz zu einem anderen, fertigen Wohnmobil kommen jetzt Kosten für Instandsetzungsarbeiten, Umbau, Kabinenbau usw auf Dich zu. Die Skala reicht hier natürlich von minimalistischen Low Budged Lösungen, bis zum High End Expeditionsmobil. Und so unterschiedlich sind eben auch die Kosten. Doch kann man diese einigermaßen steuern und gering halten, wenn man darauf achtet.

RAUMANGEBOT
Ein LKW ermöglicht großzügige Wohnkonzepte, die keinen Komfort vermissen lassen. Aufbaulängen von 5 Metern oder noch mehr sind bei vielen Modellen überhaupt kein Problem.
In Kombination mit der hohen Zuladung, ergibt sich so also jede Voraussetzung, mit der ganzen Familie unterwegs zu sein. Beim Wohnen allein oder zu zweit, weiß man ein gewisses Platzangebot allerdings genau so zu schätzen.
Um noch einmal uns als Beispiel aufzugreifen. Während wir natürlich liebend gerne unterwegs sind, müssen wir zwischendurch natürlich auch arbeiten. Leider haben wir für unsere Ortsunabhängigkeit nicht gerade im Lotto gewonnen. Wir brauchen dafür viel Krempel und ein relativ großzügiges Büro mit zwei vollwertigen Arbeitsplätzen.
Außerdem finden wir es extrem angenehm, auch mal eine Schlechtwetterphase mit zwei Wochen Regen gut in unserem Zuhause aushalten zu können. Durch das echte Raumgefühl und freie Bewegungsmöglichkeit halten wir es drinnen sehr lange aus, bevor uns die Decke auf den Kopf zu fallen droht.

EMOTION
Nach unseren Erfahrungen wird ein großer Teil der Allrad LKW‘s NICHT aufgrund der gerade genannten Vorteile als Wohnmobil umgebaut. Und bei fast allen anderen zumindest nicht NUR deswegen. Ganz klar spricht ein so großes Spielzeug den Spieltrieb der meisten Männer an – und öfter auch den von Frauen, als man denkt. Auch wenn diese die Sache oft rationaler betrachten.
Große Maschinen fahren macht einfach Spaß, man fühlt sich wie der König der Straße und der von nicht befestigten Straßen sowieso. Für diejenigen, die diese Emotion mit einem Allrad LKW verknüpfen, vermögen auch all die nun folgenden Nachteile nicht an diesem Gefühl zu rütteln.
LKW ALS WOHNMOBIL – DIE NACHTEILE
KRAFTSTOFFVERBRAUCH
Wie viel Kraftstoff ein zum Wohnmobil umgebauter Allrad LKW verbraucht ist höchst unterschiedlich. Sicher ist, dass es mit zwischen 17 und 45 Litern mit Sicherheit mehr sein wird, als ein kleineres oder moderneres Fahrezeug.
Das ist natürlich ein ganz erheblicher Unterschied.
Nun kommt es auf Dein Reiseverhalten an, diesen Nachteil wieder etwas auszugleichen. Wie wir oben bereits besprochen haben, kann ein hohes Tankvolumen von Vorteil sein. Von Burkhard Koch (Pistenkuh) haben wir zum Beispiel erfahren, dass er mit seinem LKW bei einer Transafrika Reise keine höheren Kosten für Kraftstoff zu verbuchen hatte, als ein Landrover, der mit ihm die gleiche Strecke fuhr. Während der Landy jede teuere Tankstelle ansteuern musste, tankte Burkhard nur alle paar Tausend Kilometer, wo es besonders günstig war.
Das heißt im Umkehrschluss, dass Kosten und Kraftstoffverbrauch im Verhältnis wieder sehr hoch sind, wenn Du mit dem Fahrzeug nur mal in Europa in Urlaub fährst – Tanken in Luxemburg und den Sprit mit auf eine Norwegenrundfahrt nehmen, bildet hier natürlich die Ausnahme von der Regel.
Kurzstrecken bedeuten für so einen massiven Motor, wie dem eines Allrad LKW natürlich doppelt Gift. Der Spritverbrauch wird dadurch massiv in die Höhe getrieben. Außerdem nimmt der Motor selbst langfristig Schaden.
Hinzu kommt noch, dass der Ausstoß schädlicher Stoffe drastisch höher liegt, als bei einem warm gelaufenen Motor.
Für uns bedeutet dies, dass wir sehr oft Dinge zu Fuß erledigen. Wenn wir uns für mehrere Tage oder Wochen irgendwo eingerichtet haben um zu arbeiten, dann möglichst so, dass man zum Beispiel mit einem Rucksack zwischendurch zum Einkaufen wandern kann.
TABU-ZONEN
In viele Orte oder zumindest Ortskerne, darfst Du mit einem LKW gar nicht erst hineinfahren. Tonnage- und Höhenbegrenzungen können einem das Leben manchmal ganz schön schwer machen.
Ein LKW Navi ist ratsam.
HÖHE, BREITE, GEWICHT
Kleine Gassen, überhängende Felswände, in die Wege hineinwachsende Baumkronen, kleine Brücken, die keine hohen Lasten tragen können oder niedrige Unterführungen …. Es gibt zahlreiche Stellen, an denen die Ausmaße eines großen Expeditionsmobils hinderlich sein können. Natürlich kommt es auch in diesem Fall wieder auf Dein Reiseverhalten und Wunschdestinationen an. Bist Du jemand, der gerne zwischendurch Stadtbesichtigungen oder Museumsbesuche im dicht besiedelten Europa einlegt, wirst Du Dich mit einem LKW öfter mal ärgern.
Der Nachteil wird gegenüber dem Lebens- und Raumangebot, dass Dir der Aufbau bieten kann jedoch verschwindend gering, wenn Du mit dem Expeditionsmobil auf Weltreise gehst.

REISEGESCHWINDIGKEIT
Für Reisende die viel Zeit mitbringen, ist die Reisegeschwindigkeit eher ein kleines „Luxusproblem“. Man sollte bei der Anschaffung eines älteren LKW aber bedenken, dass man nicht so schnell Strecke machen kann.
Unser Steyr 680 etwa erreichte bei 83 km /h seine Höchstgeschwindigkeit. Der Lebensdauer des Fahrzeugs zuliebe sollte man sich aber in der gefahrenen Geschwindigkeit nach unten orientieren. So liegt unsere durchschnittliche Reisegeschwindigkeit auf gut zu befahrender Landstraße bei vielleicht 70 km/h.
Ganz so geruhsam wie unser der 47 Jahre alter Steyr ist natürlich nicht jedes LKW Wohnmobil unterwegs. Dennoch sollte man sich vor der Anschaffung darüber Gedanken machen, dass man damit nicht so schnell irgendwo hin gefahren ist, wie etwa mit einem Kastenwagen. Hat man nur 14 Tage Urlaub zur Verfügung, kann die Zeit für ein entfernter gelegenes Reiseziel unter Umständen bereits für An- und Abreise drauf gehen!
Wir selbst erinnern uns in dieser Hinsicht gerne an eine Situation, in der wir Urlaub mit unserem Kastenwagen in Bayern geplant hatten. Am traumhaften Königssee angekommen begann ein Unweter zu wüten und die Schlechtwetterfront sollte über unseren ganzen Urlaub andauern. Kurzentschlossen fanden wir uns eine Nacht später unter dem strahlenden Sonnenschein von Südfrankreich wieder. Beim Gedanken an den Luxus dieser Flexibilität können wir heute nur seufzen.

FÄHREN / MAUT
Fähren und Maut schlagen bei einem Fahrzeug von solcher Größe natürlich ein wesentlich größeres Loch in die Reisekasse. Hier gibt es nichts zu relativieren und schön zu reden. Jeder muss persönlich abwägen, ob sich diese Kosten für ihn „lohnen“.
UNFLEXIBEL
All die gerade schon genannten Punkte machen das unterwegs sein mit einem LKW recht unflexibel. Man fährt nicht mal eben schnell zum nächsten Bäcker um Brötchen zu holen oder vom schlechten Wetter ins gute.
Diese Nachteile kommen mit dem persönlichen Reiseverhalten beim einen vielleicht sehr stark, bei dem anderen fast gar nicht zum Tragen.
AnzeigeWAS ÜBERWIEGT NUN?
Diese Frage ist tatsächlich nur von jedem selber zu beantworten. Für manche reicht zur Anschaffung eines LKW als Wohnmobil allein schon das Argument der Emotion, für die anderen ist nach der Angabe des Spritverbrauchs der Traum abgehakt.
LKW Fahrgestelle
Wir testen verschiedenste LKW Basisfahrzeuge, sprechen mit einem Experten über die jeweiligen Vor- und Nachteile und zeigen Dir unsere Probefahrten im Video.
Die tollsten Selbstausbauten
Wir besuchen tolle, selbst ausgebaute Fahrzeuge und stellen sie und ihre Besitzer vor.
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